Gut zu Fuß: So funktioniert ein sicherer Fußverkehr

15. Juli 2024

Nichts hält uns mobiler als wir selbst. Umso wichtiger also, einen Blick auf die kommunale Verkehrsplanung des Fußverkehrs zu werfen: Wie geht es voran in NRW?

Alle Wege starten und enden tagtäglich zu Fuß. Gehen ist – bezogen auf die Wegzeit in der Stadt – die dominierende Art der Fortbewegung und insgesamt die zweitstärkste Verkehrsart nach dem Kfz-Verkehr. Auch mit Blick auf die Emissionen punktet der Fußverkehr: Wer statt mit dem Auto zu Fuß unterwegs ist, spart durchschnittlich 166 Gramm CO2 pro Personenkilometer, erzeugt weniger Lärm und Luftverschmutzung. Zu Fuß gehen tut aber nicht nur der Umwelt gut, sondern auch der eigenen Gesundheit: Fußgänger*innen stärken ihr Immun- sowie Herz-Kreislauf-System, beugen chronischen Krankheiten wie Diabetes vor und schütten mehr Glückshormone aus. Dadurch leben Menschen, die zu Fuß gehen, oftmals länger als andere. Der gesündesten, einfachsten und umweltfreundlichsten Mobilitätsform kommt also eine große Bedeutung für eine gelungene Mobilitätswende zu – damit rückt auch die kommunale Verkehrsplanung in den Fokus. Was passiert in den Städten und Gemeinden Nordrhein-Westfalen für den Ausbau des Fußverkehrs?

Der Fußverkehr zählt gemeinsam mit Bus, Bahn und Fahrrad zum Umweltverbund. Um eine klimafreundliche Mobilität zu schaffen, sollte der Anteil des Umweltverbunds am Modal Split möglichst hoch sein, während gleichzeitig der Anteil des motorisierten Individualverkehrs verringert wird.

Welche Maßnahmen trifft die Politik?

Im Januar 2022 ist in NRW als erstes deutsches Flächenland das Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz Nordrhein-Westfalen in Kraft getreten. Dieses räumt Fußgänger*innen, Radfahrenden und motorisierten Verkehrsteilnehmenden die gleichen Rechte ein. Wichtigste verankerte Punkte für den Fußverkehr sind:

  • Gleichberechtigung: Durch die Gleichrangigkeit aller Verkehrsteilnehmenden sollen Gehwege barrierefreier und attraktiver werden. Ampelschaltungen sollen Fußgänger*innen gleichberechtigt berücksichtigen.
  • Sicherheit: Erstmals wurde gesetzlich festgeschrieben, dass die Landesverkehrswacht institutionell gefördert wird. Auch ist das Land nunmehr gesetzlich verpflichtet, alle fünf Jahre das Verkehrssicherheitsprogramm zu evaluieren und ggf. fortzuschreiben. Die „Vision Zero“ ist als übergeordnetes Ziel im Gesetz genannt und Maxime des zukünftigen Handelns.

Um die festgelegten Ziele zu erreichen, wurden diverse Förderprogramme und -initiativen ins Leben gerufen, um den Fußverkehr vor allem finanziell zu stärken. Im Nahmobilitätsprogramm 2024 unterstützt das Umwelt- und Verkehrsministerium mit 73,7 Millionen Euro 230 neue Maßnahmen, wie beispielsweise Fußverkehrsanlagen oder Modal-Split-Erhebungen.

Mit der Förderinitiative Fußverkehr fördert der Bund die Kommunen gezielt. Diese können investive als auch nicht investive Maßnahmen zum Fußverkehr einreichen, beispielsweise zur Umgestaltung und Verkehrsberuhigung des Straßenverkehrs, Auf- und Ausbau von intermodalen Netzwerkstrukturen oder Maßnahmen zur Verknüpfung des Fußverkehrs mit dem ÖPNV, wie die Errichtung neuer Bahnsteigzugänge.

An welchen Schrauben Kommunen neben dem Fußverkehr drehen können, um die Verkehrswende positiv zu beeinflussen, ist Thema unserer mobiliTALK-Folge „Wie gelingt die Verkehrswende in Kommunen?“ Zu Gast waren Theo Jansen, ehemaliger Leiter des Zukunftsnetz Mobilität NRW, Dr. Patricia Feiertag, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der TU Dortmund, und Claudia Wieja, Bürgermeisterin der Stadt Lohmar. Hören Sie gerne rein!

ZUM PODCAST

Der Fußverkehr auf dem Prüfstand

Eine wichtige Maßnahme, vor allem in Bezug auf die Partizipation, ist der Fußverkehrs-Check des Zukunftsnetz Mobilität NRW. Die Begehungen geben sowohl den Bürger*innen als auch der Stadt einen wichtigen Überblick über die aktuelle Fußverkehrs-Situation. Gleichzeitig schaffen sie ein Bewusstsein für die Bedarfe mobilitätseingeschränkter Menschen: Wo sollten Hilfsmittel wie taktile Leitsysteme installiert werden? Wo treten Hindernisse durch falsch geparkte Autos auf, etwa für Personen im Rollstuhl?

Bewerben können sich Städte, die Mitglied im Zukunftsnetz sind. Jährlich finden zwölf Checks statt. Dieses Jahr dabei sind u.a. Ahlen, Horn-Bad Meinberg, Leverkusen, Oberhausen und Wuppertal. Das sind die Vorteile der Checks:

  • Projekte zur Fußverkehrsförderung werden eher eingeleitet und umgesetzt.
  • Bürger*innen erhalten die Möglichkeit, sich zu engagieren und Mängel aufzudecken.
  • Der Fußverkehr rückt in der Agenda von Verwaltung und Politik nach oben.

Welche Projekte und Maßnahmen helfen dem Fußverkehr?

NRW hat als erstes Bundesland einen klarstellenden Erlass für sogenannte Schulstraßen herausgegeben. Für diese werden Straßen um eine Schule herum für einen bestimmten Zeitraum – meist eine halbe Stunde vor Schulbeginn bzw. nach Schulschluss – für Pkw gesperrt und für den nichtmotorisierten Verkehr freigegeben. Dazu gibt es mittlerweile diverse Pilotprojekte. Seit 2023 in Köln, daraufhin folgten Bonn und Essen.

Das Programm „Geh-Spaß statt Elterntaxi“ des Zukunftsnetz Mobilität NRW soll für einen sicheren und eigenständigen Schulweg sorgen. Das Programm besteht aus einem Film, Streifzügen mit Kindern und Verantwortlichen in den Kommunen, der Einrichtung von Elternhaltestellen sowie dem Belohnungssystem „Verkehrszähmer“. Damit können Kinder für zurückgelegte Wege Belohnungen für ihre Klasse sammeln. Das Konzept geht auf: Über 30 Kommunen in NRW machen bereits mit. Städte wie Waltrop oder Gummersbach haben sogar ein flächendeckendes Schulisches Mobilitätsmanagementkonzept eingeführt. Auch weitere Ideen, wie der Walking Bus, also eine Art Laufgemeinschaft mit festgelegter Strecke, tragen ihren Teil bei.

Ein einzigartiges Modellprojekt in Hamm sorgt nicht nur für mehr Sicherheit der Fußgänger*innen, sondern auch für Effizienz: Die KI-Ampel erkennt, wenn viele Menschen die Straße überqueren möchten und verlängert die Grünzeit. Dabei lernt sie die Verkehrssituation zu deuten und passt sich an. So erkennt sie, ob an einer Stelle besonders viele Jogger*innen vorbeikommen oder eher ältere Personen mit Rollator queren.

Unsere Nachbarländer machen es teilweise schon erfolgreich vor. Erst im Dezember 2023 wurde in den meisten Straßen Amsterdams Tempo 30 eingeführt. Die Vorteile: Sicherer Verkehr, Lärmschutz und Verminderung der Schadstoffbelastung, sprich eine höhere Lebensqualität für alle. In Deutschland wurde Mitte Juni eine Reform des Straßenverkehrsgesetzes beschlossen: Diese erleichtert Kommunen unter anderem, mehr Tempo-30-Zonen an Spielplätzen, Schulen oder ähnlichem einzurichten – um so die Sicherheit und den Klimaschutz voranzutreiben.

Weiteres aus dem Blog

Eine Seilbahngondel schwebt über einer Autobrücke.

Seilbahnen als Mittel der urbanen Mobilität

Was können urbane Seilbahnen in Bezug auf die Mobilitätswende leisten – auch bei uns in NRW? Antworten gibt die Videoreportage mobiliSTORY.

Zwei Senioren fahren in einem Bus.

Chancen im demografischen Wandel

Der demografische Wandel wirkt sich nicht nur auf die Gesellschaft, sondern auch auf eine zukunftsorientierte Mobilität aus. Wie kann dies gestaltet werden?