Mit dem Fahrrad auf der Überholspur
24. April 2024
Wer vom Auto aufs Fahrrad umsteigt, tut der eigenen Gesundheit und der Umwelt Gutes. Vergleicht man die CO2-Emissionen des Autos mit 139 Gramm pro Personenkilometer mit denen des Fahrrads, schlägt dieses das Auto mit einem Schadstoffausstoß von null. Hinzu kommt, dass man mit dem Rad in der Stadt schneller und leiser unterwegs ist, die Muskeln sowie Herz und Kreislauf trainiert, Gelenke schützt und psychische Faktoren verbessert werden. Alles zusammen ein eindeutiger Sieg für das Fahrrad. Was passiert in NRW, um die Voraussetzungen für den Radverkehr zu verbessern und mehr Menschen zum Umstieg zu bewegen?
„Der Ausbau der Radwege-Infrastruktur ist eine zentrale Säule der Mobilitätswende."
On the Road: Trassen, Reparaturen und Hindernisse
Es muss nicht immer neu sein, auch bestehende Infrastruktur kann mit größerem oder kleinerem Aufwand zur Mobilität auf zwei Rädern beitragen. Stillgelegte Bahntrassen, die zu Radwegen umgebaut wurden, schaffen Wege ohne große Steigung, Kurven und Straßenverkehr. Dafür bieten sie schöne Landschaften und zügiges, sicheres Fahren, wie die bereits erbauten Abschnitte des Radschnellwegs Ruhr RS1 von Mühlheim an der Ruhr nach Essen und die Nordbahntrasse in Wuppertal beweisen. Letztere umfasst 23 Kilometer, verbindet die Zentren und nördlichen Stadtteile Wuppertals und bietet darüber hinaus einen Ort der Begegnung für Kultur und Sport. Für Sicherheit sorgt ebenfalls ein Erlass des Umwelt- und Verkehrsministeriums für Nordrhein-Westfalen. Dieser beschließt das Überprüfen und Entfernen von Sperrmaßnahmen auf Radwegen, wie beispielsweise Poller, Umlaufsperren und Sperrpfosten, um das Unfallrisiko zu verringern. Und sollte auf der nächsten Radtour oder auf dem Weg zur Arbeit ein Platten auftreten, hat die Stadt Köln für dieses und andere Probleme 25 Fahrradservicesäulen aufgestellt, die neben einer Luftpumpe auch über verschiedenes Werkzeug verfügen.
Förderung neuer Maßnahmen
Im Februar 2024 verkündete das Umwelt- und Verkehrsministerium in NRW ein Nahmobilitätsprogramm und stellt im Rahmen dessen rund 74 Millionen Euro mit insgesamt 230 Maßnahmen für den Fuß- und Radverkehr zu Verfügung – für den Ausbau einer zukunftsweisenden Mobilität. Dass dies gewünscht ist, zeigte eine Umfrage im Rahmen des Mobilitätstags NRW 2022: Besonders im Ballungsraum Ruhrgebiet wird eine auf den Radverkehr angepasste Infrastruktur benötigt, damit das Fahrrad als Verkehrsmittel gewählt wird. Wichtige Faktoren dabei sind insbesondere Sicherheit und Schnelligkeit. Innovative und sich noch in Planung befindliche Konzepte können nun durch die Maßnahmen des Nahmobilitätsprogramms umgesetzt werden.
Spurwechsel für Radwege
Radweg ist nicht gleich Radweg. Obwohl schon von sich aus klimafreundlich und platzsparend, gibt es zukunftsweisende Ideen, die den Radweg darüber hinaus optimieren. Ein Pilotprojekt in Freiburg zeigt, wie ein Radweg ohne komplizierte Umbaumaßnahmen Strom erzeugen kann: Seit 2023 befindet sich dort Europas erster überdachter Solardach-Radweg. Auf 300 Metern erzeugen 900 Module aus deutscher Produktion pro Jahr 280 Megawattstunden Strom und sollen in Zukunft die angrenzenden Labore versorgen. Weitere Benefits für Radfahrende sind die integrierte Beleuchtung und der Schutz vor Regen, Sonne und Schnee. Von dem Projekt überzeugt, wird zurzeit in Witten diskutiert, ob der Bau eines Solarradwegs dort ebenfalls infrage kommt. Um sich weitere Inspirationen für eine innovative Fahrradinfrastruktur zu holen, lohnt sich ein Blick über die Ländergrenzen hinaus. In England, Polen und den Niederlanden wird eine fluoreszierende Schicht auf die Radspur aufgetragen. Diese lädt sich am Tag auf und leuchtet in der Nacht, was für mehr Sicherheit sorgt. Ebenfalls in den Niederlanden finden sich Radwege aus recyceltem Plastik, was durch vorproduzierte Teile die Bauzeit deutlich verkürzt.
Hoch hinaus mit dem Bike Highway
In fünf Meter Höhe über den Stau hinweg radeln – das macht der Bike Highway des Schweizer Unternehmens URB-X möglich. In Stuttgart ist der Bau eines Bike Highways im Gespräch, um die durch Platzmangel auftretenden Probleme beim geplanten Ausbau des Radschnellwegs, die vor allem in Ballungsräumen auftreten, zu lösen. Durch das Stecksystem aus vorgefertigten Holz-Modulen mit integrierten Solarpanels ist der Radweg auf Stelzen nicht nur schnell erbaut, sondern auch nachhaltig.
„Jede Straße müssen wir in zehn Dimensionen sehen – nicht nur eine.“
Moderne Fahrradparkplätze
Neben einer guten Infrastruktur zum Fahren braucht es Möglichkeiten zum Abstellen des Fahrrads – und das insbesondere an Bahnhöfen sowie in der Innenstadt. Um Platz zu sparen, empfiehlt es sich, in die Höhe zu gehen. In Bonn wurden beispielsweise an vier zentralen Orten vollautomatische Fahrradparkanlagen der Firma V-Locker errichtet. Diese bieten insgesamt Platz für 280 Fahrräder. Die Reservierung erfolgt per App und die Bauzeit ist dank der Leichtbaumodule kurz. Ein weiteres Beispiel ist die Radstation in Münster. Direkt am Hauptbahnhof gelegen, bietet sie seit mehr als zwanzig Jahren neben Parkmöglichkeiten auch Mietfahrräder und einen Wasch- sowie Reparaturservice an. Aber auch unterirdische Lösungen funktionieren, wie ECO cycle des Unternehmens Giken in Japan zeigt. Die Fahrräder sind vor Wetter und Diebstahl geschützt, während die Fahrradstation oberirdisch kaum Platz braucht.