Vier Männer sitzen an einem langen Tisch zur Befragung bei der Landespressekonferenz NRW

Mehr Fachkräfte für die Mobilität von morgen

21. September 2023

Mit Investitionen in Menschen und ihr Fachwissen tritt Nordrhein-Westfalen dem Personalmangel in der Mobilitätsbranche entgegen. Für die Ausweitung der Beschäftigungsoffensive im Schienenpersonennahverkehr stehen jetzt sechs Millionen Euro zusätzliche Fördermittel bereit. Denn die Mitarbeitenden bei den Nahverkehrsbahnen in NRW brauchen dringend Verstärkung, damit ihre Züge wieder zuverlässiger fahren können. 

Die Unternehmen und Verbände der Bahnbranche in NRW setzen auf eine enge Zusammenarbeit, wenn es um große Herausforderungen wie den Fachkräftemangel geht. Bereits seit vier Jahren engagieren sich die Partner*innen im Landesprogramm Fokus Bahn NRW unter Federführung des Ministeriums für Naturschutz, Umwelt und Verkehr NRW erfolgreich für die Gewinnung und Qualifizierung von Mitarbeitenden: Durch unternehmensübergreifende Personalanwerbemaßnahmen sowie eine intensivierte Zusammenarbeit – etwa mit den Arbeitsagenturen in Nordrhein-Westfalen – konnte die Anzahl ausgebildeter Lokführer*innen seit 2019 jährlich gesteigert werden. Bis 2023 wurden rund 490 neue Fachkräfte allein in den von Fokus Bahn NRW initiierten Kursen qualifiziert. Gleichzeitig verstärkten die Nahverkehrsbahnen ihre eigenen Anstrengungen im Bereich der Qualifizierung und stellten auch ausgebildete Triebfahrzeugführer*innen ein. Dennoch fehlen nach den letzten Erhebungen allein in diesem Jahr noch 150 Triebfahrzeugführer*innen. 

Foto vom Politiker Oliver Krischer

„Jeder kennt diese Durchsage am Bahnsteig: Die Fahrt der S-Bahnlinie XY muss wegen Personalmangel ausfallen. Damit muss so schnell wie möglich Schluss sein, denn fehlende Fachkräfte sind neben den unvermeidlichen Baustellen das größte Problem für den ÖPNV derzeit.“

Oliver Krischer Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW

Deshalb will die Landesregierung jetzt – zusammen mit den Unternehmen und Verbänden der Bahnbranche – die bisherige Beschäftigungsoffensive ausweiten und so den Nah- und Regionalverkehr auf der Schiene leistungsstärker, verlässlicher und vernetzter zu machen. „Mit unserer Beschäftigungsoffensive wollen wir dem Fachkräftemangel entgegentreten und investieren noch mehr in Menschen und ihr Fachwissen – und damit in die Zukunft der Schiene“, betonte Umwelt- und Verkehrsminister Oliver Krischer in der Landespressekonferenz am 13. September.

Mitarbeitende unterstützen die Beschäftigungsoffensive

Lokführer*innen wie Samantha Harrison von National Express und viele weitere Mitarbeitende der Bahnen in NRW unterstützen mit großem Engagement die Personalwerbemaßnahmen ihrer Arbeitgebenden. Sie stellen sich für Kampagnenmotive ebenso wie für Informationsveranstaltungen als Testimonials zur Verfügung. Lokführerin Harrison scheute auch nicht das Publikum der Landespressekonferenz, um für ihren Beruf und für ihre Branche zu werben. 

Portrait einer jungen, blonden Triebfahrzeugführerin

„Ich finde es wichtig, dass die Berufe auf der Schiene aufmerksamkeitsstark beworben werden, sonst hätte ich nie von meinem heutigen Traumjob erfahren. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen wie ich hier eine neue berufliche Zukunft finden und in der Bahnfamilie Fuß fassen.“

Samantha Harrison Triebfahrzeugführerin bei National Express

Der Fachkräftemangel im SPNV hat viele Ursachen

Die angespannte Personallage trifft nicht nur die Bahnen in NRW, sondern den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) bundesweit – und die Gründe dafür sind vielfältig. Zum Faktor des demografischen Wandels kommen besondere Belastungssituationen, die vor allem dem Zustand der Schieneninfrastruktur geschuldet sind. Zurzeit gibt es jährlich rund 1.000 Baustellen unterschiedlicher Größe für den Infrastrukturausbau, die leider auch den Betriebsablauf beeinträchtigen. Aus einer Branchenbefragung, an der sich über 1.500 Mitarbeitende der Nahverkehrsbahnen in NRW beteiligt haben, geht hervor, dass die vielen baustellenbedingten Umplanungen sowie zunehmende Störungen im Netz als Hauptbelastungsfaktor für die Arbeit wahrgenommen werden. Diese Mehrbelastung verteilt sich durch den akuten Fachkräftemangel auf zu wenige Schultern. Die Folge: Krankenstände schnellen in die Höhe. Bis zu 15 Prozent der Belegschaften im Fahrbetrieb sind zwischenzeitlich erkrankt. Die Nahverkehrslinien in Nordrhein-Westfalen weisen daher im Durchschnitt derzeit nur noch eine Pünktlichkeitsquote von etwa 80 Prozent auf – das ist zu wenig für Fahrgäste, die auf zuverlässige Verbindungen angewiesen sind. 

 

So viele Mitarbeitende brauchen die Bahnen in NRW

Rund 3.000 Lokführer*innen arbeiten derzeit für die Nahverkehrsbahnen in Nordrhein-Westfalen. Bis 2027 werden rund 20 Prozent von ihnen in den Ruhestand treten. Deshalb wollen die Eisenbahnverkehrsunternehmen in den kommenden beiden Jahren mindestens 800 neue Mitarbeitende allein in dieser Berufsgruppe gewinnen und qualifizieren, 400 pro Jahr. Auch im Bereich der Kundenbetreuung wird Personal benötigt. 600 zusätzliche Vollzeitstellen sollen den Personalbestand von rund 1.500 Mitarbeitenden erhöhen, 300 Stellen konnten bereits besetzt werden. Erforderlich wird dies durch die Erhöhung der Begleitquote in neuen Verkehrsverträgen. Ebenfalls sehr gefordert ist die Berufsgruppe der Disponent*innen angesichts zunehmender Störfälle, langfristiger Schienenersatz- sowie kurzfristiger Busnotverkehre. Rund 195 bestehende Stellen sollen hier um mindestens 35 aufgestockt werden.

 

24 Maßnahmen für mehr Fachkräfte im SPNV

Mit der erweiterten Beschäftigungsoffensive verbindet Nordrhein-Westfalen klare Ziele: mehr Personal, eine spürbare Entlastung der Mitarbeitenden sowie mehr Qualität in der Ausbildung und im SPNV-Betrieb. Dafür haben die Partner*innen von Fokus Bahn NRW – gemeinsam mit den Aufgabenträgern und den Nahverkehrsbahnen – 24 konkrete Maßnahmen entwickelt. Als erste Maßnahme werden die unternehmensübergreifenden Qualifizierungen für Triebfahrzeugführer*innen noch einmal ausgebaut – und zwar um sieben auf 21 Kurse im Jahr 2024. Damit stehen rund 265 Kursplätze zur Verfügung, 100 mehr als im Vorjahr. Zudem sollen mehr Fachkräfte für die Kundenbetreuung und die Mitarbeit in den Leitstellen gewonnen und qualifiziert werden. 

Weitere Kernmaßnahmen sind:

  • die Stärkung der Bewerberakquise und des Recruitings, um die Mehrarbeit in der Personalgewinnung zu stemmen
  • der Ausbau des Mentorenprogramms, in dem erfahrene Lokführerinnen und Lokführer die Neulinge unterstützen
  • die Erweiterung von Fachsprachkursen für die Integration von zugewanderten Menschen 
  • die Pilotierung von Ausbildung in Teilzeit, die beispielsweise Bewerber*innen mit familiären Verpflichtungen den Einstieg in die Bahnbranche ermöglichen

Das Maßnahmenpaket der erweiterten Beschäftigungsoffensive wird vom Land mit einer einmaligen Förderung in Höhe von sechs Millionen Euro unterstützt:

  • Sieben zusätzliche, unternehmensübergreifende Qualifizierungen mit insgesamt 100 zusätzlichen Kursplätzen für die Jahre 2023/2024
  • Entwicklung eines einheitlichen Rahmenplans für die Triebfahrzeugführer*innen-Ausbildung
  • Konzeption und Koordination Qualifizierung in Teilzeit sowie Pilotkurs
  • Ausbau des Mentorenprogramms
  • Anschubfinanzierung für die duale Ausbildung Eisenbahner*innen im Betriebsdienst
  • Anreizsystem für Fahrlehrer*innen für die fahrpraktische Ausbildung
  • Recruiting / Ansprache von Bewerber*innen in Kampagnen und Jobmessen
  • Aufsatz und Begleitung von Workshops und Tagesschulungen
  • Ausbau des Angebots von Sprachkursen für Migrant*innen 

  • Erweiterung des Netzwerks mit Arbeitsagenturen und externen Bildungsträgern
  • Konzeption einer unternehmensübergreifenden Basisqualifizierung
  • Koordination von unternehmensübergreifenden Qualifizierungen
  • Aufsatz und Durchführung Matching in der Bewerber*innen -Auswahl
  • Erweiterung der etablierten Tarif-Ausbildungskostenerstattung auch für Kundenbetreuer*innen  
  • Recruiting / Ansprache von Bewerber*innen in Kampagnen und Jobmessen
  • Aufsatz und Begleitung von Workshops sowie Angebot von Tagesschulungen
  • Angebot von Sprachkursen für Migrant*innen 

  • Aufsatz und Koordination von fünf Kursen Basisqualifizierung
  • Konzeption von Folgemodulen, aufbauend auf der Basisqualifizierung
  • Analyse und Konzeption von Aufgaben und Schnittstellen in Leitstellen und SPNV Regiezentrale NRW (Koordinatoren für die Fahrgastinformation, FIM, GVM)
  • Konzeption und Koordination einer unternehmensübergreifenden Qualifizierung für Betriebsplanerinnen und Betriebsplaner
  • Unternehmensübergreifende Kommunikationsworkshops zum Thema Infrastruktur
  • Aufbau eines Mentorenprogramms
Bündnispartner Fokus Bahn NRW

Im Landesprogramm Fokus Bahn NRW haben sich die elf Nahverkehrsbahnen und die drei Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr in Nordrhein-Westfalen – Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, Nahverkehr Westfalen-Lippe und go.Rheinland – unter Federführung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW zusammengeschlossen. Wichtigstes Ziel ist es, mit gezielten Maßnahmen dem Fachkräftemangel in der Bahnbranche zu begegnen. Die elf Nahverkehrsbahnen sind DB Regio NRW, eurobahn, National Express, NordWestBahn, Regiobahn, RheinRuhrBahn, Rurtalbahn, TransRegio, TRI Train Rental, VIAS und WestfalenBahn. Mehr Informationen finden sich auf der Website von Fokus Bahn NRW.

Bilder: Fokus Bahn NRW

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