NRW-Takt als Ziel: Fahrplanbasierte Infrastrukturplanung
4. Oktober 2023
Mit den Zielnetzen für den SPNV in den Jahren 2032 und 2040 setzt Nordrhein-Westfalen klare Zeichen: für bessere und zuverlässige Verbindungen im Nah- und Regionalverkehr auf der Schiene, die sich auch in den Deutschlandtakt einbinden. Über eine fahrplanbasierte Infrastrukturplanung werden alle erforderlichen Aus- und Neubaumaßnahmen präzise aufeinander abgestimmt.
Der Deutschlandtakt, das Jahrhundertprojekt für die Schiene mit Fahrplänen nach Schweizer Vorbild, soll zum Game Changer im Modal Split werden und mehr Menschen zum Bahnfahren bewegen. Damit das gelingt, muss allerdings das Angebot nicht nur im Fern-, sondern insbesondere auch im Schienenpersonennahverkehr deutlich attraktiver und zuverlässiger werden. Mehr Verbindungen, bessere Anschlüsse, verdichtete Takte, kürzere Reisezeiten und vor allem pünktliche Züge sind flächendeckend gefragt. Wie aber sieht ein Fahrplan aus, der alle diese Anforderungen erfüllt? Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr NRW (MUNV) und die drei Aufgabenträger für den SPNV in Nordrhein-Westfalen – Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR (VRR), go.Rheinland und Nahverkehr Westfalen-Lippe (NWL) – haben unter Koordinierung des KC ITF NRW landesweite SPNV-Zielnetze für 2032 und 2040 aufgestellt. Damit beschreiben sie schon heute, wie die Züge im Schienenpersonennahverkehr des Landes in Zukunft idealerweise fahren sollen.
Ein Idealfahrplan für die Fahrgäste
Die SPNV-Zielnetze basieren auf einer detaillierten Bestandsanalyse und wurden konsequent auf die erwarteten Bedarfe der Fahrgäste in den verschiedenen Regionen Nordrhein-Westfalens ausgerichtet. Eckpfeiler für die Planungen sind:
- metropolgerechte S-Bahn-Verkehre
- gebietsspezifische Taktverdichtungen
- Direktverbindungen zu Hauptverkehrszielen
- kurze Umstiege
- Schnellverbinder
- ausreichend Kapazitäten
- hohe Qualitätsmaßstäbe
Damit bilden die Zielnetze einen Idealfahrplan ab, auf den sowohl der Ausbau der Infrastruktur als auch die Bestellung von Schienenfahrzeugen ausgerichtet wird. Dieses Vorgehen heißt fahrplanbasierte Infrastrukturentwicklung: Die übergreifende Planungsgrundlage für den zielgenauen Ausbau der Infrastruktur ist das geplante Angebot. Dies sorgt nicht nur dafür, dass viele Menschen in Zukunft besser an das Schienennetz angebunden sind als heute – auch Klimaschutz durch mehr Elektrifizierung sowie Fahrzeuge mit alternativen Antrieben werden von Beginn an berücksichtigt und ausgebaut.
Schritt für Schritt zum Deutschlandtakt
Die SPNV-Zielnetze für NRW wurden 2022 veröffentlicht.Unter Koordination und mit Unterstützung des Kompetenzcenters Integraler Taktfahrplan (KC ITF) werden nun schrittweise bis 2032 die nächsten Meilensteine in den Fokus genommen, mit denen der Nahverkehr auf der Schiene einfacher, flexibler und klimafreundlicher werden soll. Die konsequente Fortschreibung bis 2040 schafft Planungssicherheit auch mit Blick auf die Integration in den Deutschlandtakt, denn die Zielnetzplanungen in NRW sind mit den bundesweiten Anstrengungen vereinbar und aufwärtskompatibel. Dabei knüpfen die SPNV-Zielnetze nahtlos an die Erfolgsgeschichte des NRW-Takts seit 1998 an und binden insbesondere auch die großen Schienenprojekte wie den RRX, die S-Bahn Köln und die S-Bahnen Münsterland / Westfalen-Lippe ein.
Über die großen Infrastrukturprojekte hinaus beinhaltet allein die Zielnetzplanung bis 2032 insgesamt 195 Einzelmaßnahmen für ein attraktiveres Angebot im SPNV:
Ob von Euskirchen nach Bonn oder von Essen nach Düsseldorf, von Paderborn nach Holzminden oder von Osnabrück nach Bielefeld: Taktverdichtungen können vielerorts mehr Fahrmöglichkeiten pro Stunde bieten. Zugleich erhöhen sich die Kapazitäten, da sich die Fahrgäste auf mehr Züge verteilen. Das Reisen wird zeitlich und räumlich entspannter.
Bis zu 16 Streckenabschnitte mit einer Gesamtlänge von über 250 Kilometern sollen für das Zielnetz 2032 reaktiviert werden und / oder neu in Betrieb gehen. Hier werden bis zu 73 neue Stationen entstehen. Daneben entstehen zusätzlich bis zu 26 neue Bahnhalte an Bestands- und Ausbaustrecken, die sowohl ländliche als auch urbane Regionen stärken. Insgesamt zwölf Kommunen – Aldenhoven, Baesweiler, Harsewinkel, Herten, Kamp-Lintfort, Lotte, Mettingen, Recke, Sendenhorst, Sundern, Verl und Westerkappeln – sollen einen Direktanschluss erhalten.
Ob vom Bergischen Land nach Düsseldorf oder von Bad Salzuflen nach Bielefeld: Neue Direktverbindungen bieten Reisenden im SPNV Nordrhein-Westfalens künftig einen klaren Zeitvorteil. Auch ins benachbarte Ausland sind neue Direktverbindungen vorgesehen bzw. sollen frühere Schienenstrecken reaktiviert werden, zum Beispiel von Düsseldorf über Venlo nach Eindhoven, von Dortmund über Enschede nach Hengelo und vom Münsterland nach Zwolle sowie von Stolberg nach Eupen und von Köln via Aachen nach Brüssel.
In den vergangenen Jahren wurden in Nordrhein-Westfalen bereits 223 Schienenkilometer wieder reaktiviert. Über 250 Kilometer sollen nach derzeitigen Planungen in den kommenden Jahren hinzukommen.
Digitale Technik wird die Schaffung zusätzlicher Kapazitäten auf den Strecken und in den Knotenbahnhöfen unterstützen. Bis 2035 soll der Zugverkehr in ganz Deutschland digital gesteuert und geleitet werden. Die flächendeckende Ausrüstung mit dem Zugbeeinflussungssystem European Train Control System (ETCS) eröffnet u. a. Chancen für eine dichtere Taktung der Verkehre.
Durch die Elektrifizierung von 401 Kilometern zusätzlicher Strecke soll im SPNV Nordrhein-Westfalens bis 2032 ein Elektrifizierungsgrad von 72 Prozent erreicht werden. Dieser soll bis 2040 auf 75 Prozent steigen. Neue, moderne Fahrzeuge mit alternativen Antrieben erhöhen den Anteil der mindestens lokal emissionsfreien Fahrzeugantriebe auf 94 Prozent bis 2032 und 100 Prozent vor 2040.